Der Gesang bzw. die Vocals sind in den meisten Genres der Mittelpunkt eines jeden Songs. Vielleicht habt Ihr in meinem vergangenen Post schon gesehen, wie Ihr Eure Stimme zu Hause optimal aufnehmen könnt. Hier erfahrt Ihr, wie Ihr eure Aufnahmen weiter veredeln, optimieren und professioneller klingen lassen könnt. Ihr werdet folgendes lernen:
- Frequenzgang optimieren – korrektiver Equalizer
- Stimme voller klingen lassen durch harmonische Obertöne
- Stimme mit dem Kompressor bearbeiten
- Parallele Kompression
- Stimme mit dem Deesser bearbeiten
- Stimmklang mit dem Equalizer verschönern
- Speziellere Prozessoren für Notfälle
1. Frequenzgang optimieren – korrektiver Equalizer
Hierfür empfiehlt es sich die Aufnahme zunächst in Solo abzuhören. Wenn Eure Aufnahme durch ein nicht optimales Mikrofon oder ungewollte Raumresonanzen verfärbt ist, sollten diese Probleme im ersten Schritt korrigiert bzw. minimiert werden. Dafür eignet sich vor allem der Equalizer. Folgende Bearbeitungsschritte solltet Ihr hierfür probieren:
1.1 Low Cut Filter
In den meisten Fällen ist es sinnvoll die ganz tiefen Frequenzen der Stimme herauszufiltern. Hier befinden sich nämlich oft ungewollte Störgeräusche wie Fußtritte, Bewegungen, Popplaute etc. Wie hoch die Frequenz des Filters sein muss hängt ganz vom Song und von der Steilheit und dem Klang des Filters ab. Eine Faustregel: Je voller das Arrangemant, desto mehr kann gefiltert werden, um den Platz für andere Instrumente wie Bass und Schlagzeug zu lassen. In voll instrumentierten Rock oder Pop Mischungen fällt der fehlende Bass in der Stimme auch weniger auf. Bei ruhigeren Songs mit nur ein oder zwei Instrumenten ist es deutlich wichtiger den natürlichsten Klang der Stimme zu erhalten. Hier kann es sein, dass schon der kleinste Filter hörbar wird und den Klang unnatürlich erscheinen lässt. In diesem Fall sollte man den Filter lieber weglassen und die betroffenen Störgeräusche manuell durch Ausschneiden oder Automation eines Filters korrigieren.
Hört beim Einstellen des Low Cut Filters immer die Stimme im Kontext mit der Musik, um abzuschätzen wann es anfängt unnatürlich oder dünn zu klingen. Wenn die Tiefen Frequenzen unbearbeitet gut klingen, dann lasst sie in Ruhe und setzt nicht aus Gewohnheit einfach einen unnötigen Filter drauf.
1.2. Bell und Notch Filter
- Hat die Aufnahme einen leicht topfigen Klang, versucht einen Cut mit mittlerer Breite im Bereich zwischen 350-800 Hz.
- Dröhnt die Aufnahme versucht einen mittelbreiten Cut im Bereich zwischen 100-300 Hz.
- Klingt die Aufnahme zu hart, versucht einen Cut zwischen 1kHz-3,5kHz.
- Klingt die Aufnahme zischelnd oder britzelig, dann versucht einen Cut oberhalb von 4-5kHz.
- Bei spezifischen Störfrequenzen nutzt einen Notch Filter mit ganz schmalem Band, damit so wenig wie möglich vom Nutzsignal verloren geht.
Ich empfehle Euch nicht mit hohen und steilen Boosts durch die Bänder zu gehen um die Frequenzen zu suchen, sondern direkt mit mittelbreiten Cuts die Stellen zu finden, wo es am besten klingt.
Stimme voller klingen lassen durch harmonische Obertöne
Klingt Eure Aufnahme zu nüchtern, kalt oder dünn könnt Ihr versuchen sie mit harmonischen Verzerrungen anzureichern. Dafür eignen sich Preamp Simulationen, Tonbandsimulationen, Distortion, Overdrive, Waveshaper und Ähnliches. Hierbei geht es aber um Subtilität. Übertreibt es nicht. Man soll den Effekt mehr fühlen, als ihn direkt herauszuhören. Ein auf diese Weise angereichertes Signal lässt sich aber deutlich besser weiterbearbeiten und erfordert weniger Kompression und Equalizing.
Stimme mit dem Kompressor bearbeiten
Leichte Vocal-Kompression
Auch hier gilt wie im Vorherigen Punkt: Weniger ist mehr – vor allem wenn Ihr Euch nicht sicher seit wie Ihr den Kompressor richtig einstellt und dessen Artefakte nicht hören könnt. Geht auf eine maximale Gain Reduction von 4-5dB an den lautesten Stellen. Die Attack sollte relativ schnell sein – zwischen 1-20ms. Die Release sollte an den Song und das Material angepasst werden. Möchtet Ihr den Raumklang etwas unterdrücken und den Klang softer machen, dann wählt eine langsame Release von mehr als 200ms. Möchtet Ihr einen aggressiveren Klang, dann wählt eine kurze Release, aber achtet auf mögliche Verzerrungen.
Parallele Kompression
Ein oftmals viel besserer und eleganterer Weg als die direkte Kompression ist die Parallelbearbeitung mit einem oder mehreren Kompressoren. Hierfür lasst Ihr Eure Gesangsspur völlig unkomprimiert und sendet diese aber über einen Send auf einen Bus. Diese Kopie des Signals greift Ihr dann auf einem oder mehreren parallelen Aux Kanälen ab und insertiert dort einen oder mehrere unterschiedliche Kompressoren. Diese komprimierten Signale mischt Ihr dann leise der Hauptspur zu und dann erhaltet Ihr ein wunderschönen druckvollen Klang ohne, dass Ihr die Artefakte einer direkten Kompression auf der Hauptspur riskiert.
Stimme mit dem Deesser bearbeiten
Ein Deesser ist wie ein Kompressor, der aber ausschließlich auf Zischlaute reagiert und auch nur diese leiser macht. Hier solltet Ihr alle herausstechenden Peaks oberhalb von 3-5kHz komprimieren um einen schönen gleichmäßigen Vocalsound zu erreichen.
Stimmklang mit dem Equalizer verschönern
Hier beginnt das sogenannte Sweetening, der kreative Teil der Stimmbearbeitung. Jetzt geht es nicht mehr um das Entfernen von Störfrequenzen sondern um die Klanggestaltung und Farbe im Mix. Hierfür empfehle ich Euch euren besten Equalizer zu verwenden und gezielte Boosts in den Höhen, Bässen oder Mitten zu machen, um die Stimme seidiger, runder und durchsetzungsfähiger zu machen oder schlicht in den Mix zu integrieren und dabei zu scheinen. Hier ein paar Ansatzpunkte für Frequenzen:
- Wärme: 180-400Hz
- Artikulation, Durchsetzungsfähigkeit, Biss: 2-5kHz
- Klarheit: 5-9kHz
- Glanz, Luft, Schimmer: 10kHz aufwärts, Shelving oder Bellfilter
Das heißt nicht Ihr müsst immer alle dieser Frequenzen boosten, aber es gibt Euch einen Ansatzpunkt um Euren Klang gezielt zu gestalten.
Speziellere Prozessoren für Notfälle
- Exciter: Sind die Aufnahmen trotz Höhenboost zu dumpf kann ein Exciter der Retter in der Not sein.
- Dynamischer Equalizer, Multiband Compressor: Stechen einige Frequenzen nur an manchen Stellen heraus könnt Ihr sie mit diesen Tools dynamisch absenken. Hier solltet Ihr aber auch immer nur das jeweilig relevante Frequenzband nutzen und den Rest unbearbeitet lassen oder auf Bypass schalten.
- Gitarrenamp: Passt Euer Gesang nicht in den Mix oder Ihr sucht einen kreativeren Sound, dann versucht eine Amp-Simultion auf euren Vocals – geht auch gut parallel.
Selbstverständlich gehören zu einem guten Vocalsound oft auch noch Reverb, Delay und Modulaitonseffekte. Dies würde aber den Rahmen hier sprengen. Wenn Ihr dazu noch Informatonen wollt, lasst es mich in den Kommentaren wissen. Desweiteren würde ich gerne wissen wie Eure Vocalbearbeitungsschritte zur Zeit aussehen und ob Ihr diese Tips erfolgreich in euren Workflow integrieren könnt!